Amazon: Am falschen Ende gespart

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Nachdem ich vor rund einem halben Jahr ja schon einmal unangenehme Erfahrungen mit Amazon machen musste, hat es eine Weile gedauert, bis ich das verdaut hatte und die Begeisterung über die Professionalität wieder überwog. Vor zwei Tagen aber musste ich erneut feststellen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Hier das Chat-Protokoll mit der Service-Mitarbeiterin von Amazon.de (Name der Mitarbeiterin ist der Redaktion bekannt) am 17.10.2012 bis 17:15 Uhr:

Ich: Es geht um die Rückgabe der Bestellung XXX-XXXXXXX-XXXXXXX. Es wurden EUR 3,50 zu wenig erstattet (36,45 statt der angegebenen 39,95).

Amazon: Guten Tag und herzlich Willkommen im Live-Chat von Amazon.de.

Ich: Hallo.

Amazon: Ich sehe mir Ihre Bestellung gerne an, einen Augenblick bitte.

Ich: Ja, danke.

Amazon: Herr Heinrich, Ihnen wurden hier die Rücksendekosten berechnet. Unter folgenden Bedingungen werden Ihnen die Rücksendekosten erstattet:

(i) Sie haben einen falschen, beschädigten oder defekten Artikel erhalten,

(ii) Sie haben den Kauf eines Artikels im Rahmen des Widerrufsrechts innerhalb von 14 Tagen widerrufen und der Preis des zurückzusendenden Artikels übersteigt 40,00 EUR (Hinweis: Der Betrag von 40,00 EUR bezieht sich auf den einzelnen zurückzusendenden Artikel und nicht auf den Gesamtwert der Rücksendung).
Weitere Informationen zum Widerrufsrecht finden Sie in unseren AGBs: http://www.amazon.de/agb

(iii) Sie schicken Bekleidung oder Schuhe innerhalb der 30-tägigen Rücknahmegarantie zurück.

Ich: D.h. ich bekomme einen Abzug, weil der Artikel 5 Cent zu günstig war?

Amazon: Es tut mir sehr leid, leider können wir diese nicht erstatten.

Ich: Bestellung zur Ansicht wird also bestraft?

Amazon: Wir bitten um Ihr Verständnis, dass in allen anderen Fällen die Rücksendekosten von Ihnen zu tragen sind. Alle Details zur Berechnung der Rücksendekosten finden Sie auf folgender Hilfeseite: http://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=200387580

Ich: Bitte bestätigen Sie mir, dass der Grund für die reduzierte Erstattung der ist, dass der Artikel nur 39,95 statt 40,00 gekostet hat.

Amazon: Gerne schicke ich Ihnen eine Bestätigungsmail zu.

Ich: Es genügt mir, wenn Sie mir das hier bestätigen.

(Lange Pause)

Ich: Sind Sie noch da?

Amazon: Es tut uns sehr leid, aber in diesem Fall ist eine Erstattung Ihrer Rücksendekosten nicht möglich. Unter folgenden Bedingungen werden Ihnen die Rücksendekosten erstattet:

(i) Sie haben einen falschen, beschädigten oder defekten Artikel erhalten,

(ii) Sie haben den Kauf eines Artikels im Rahmen des Widerrufsrechts innerhalb von 14 Tagen widerrufen und der Preis des zurückzusendenden Artikels übersteigt 40,00 EUR (Hinweis: Der Betrag von 40,00 EUR bezieht sich auf den einzelnen zurückzusendenden Artikel und nicht auf den Gesamtwert der Rücksendung). Weitere Informationen zum Widerrufsrecht finden Sie in unseren AGBs: http://www.amazon.de/agb

(iii) Sie schicken Bekleidung oder Schuhe innerhalb der 30-tägigen Rücknahmegarantie zurück.

Wir bitten um Ihr Verständnis, dass in allen anderen Fällen die Rücksendekosten von Ihnen zu tragen sind. Alle Details zur Berechnung der Rücksendekosten finden Sie auf folgender Hilfeseite: http://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=200387580

Ich bitte um Ihr Verständnis.

Ich: Was soll denn das? Das steht doch schon oben und war nicht meine Frage. Könnten Sie mir bitte meine einfache Frage beantworten: „Bitte bestätigen Sie mir, dass der Grund für die reduzierte Erstattung der ist, dass der Artikel nur 39,95 statt 40,00 gekostet hat.“ Oder was ist der Grund. Ich brauche keinen Textbaustein, sondern eine Antwort auf meine Frage. Vielen Dank.

(Pause)

Amazon: Gerne Bestätige ich Ihnen dies.

Ich: Okay, danke. Unglaublich.

Amazon: Gern geschehen, ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Auf wiedersehen. (Bitte vergessen Sie nicht, das Chat-Fenster zu schließen.)

So etwas kann sich im Versandhandel wohl nur noch Amazon erlauben. Liebes Amazon-Team: Meint Ihr nicht, dass Ihr da am falschen Ende spart? Seit wann ist das eigentlich so? Hatte das vorher noch nie. Sollte ich immer nur teurere Sachen zurückgegeben haben? Es sollte doch wohl möglich sein, Waren zu bestellen und ohne angelastete Versandkosten zurückzusenden, wenn sie nicht gefallen. War es nicht mal so, dass dies den Online-Versandhandel auszeichnete, weil so der Nachteil des Ansehens und Prüfung der Ware im Laden ausgeglichen werden konnte? Es ist manchmal schon blöd genug, wenn man wegen 5 Cent den Mindestbestellwert unterschreitet und so Versandkosten bezahlen muss. Dies jetzt auch für den Rückweg so zu handhaben, finde ich mehr als daneben.

Ein Posting auf der Facebook-Seite von amazon.de blieb übrigens schlicht unbeantwortet. Das nenne ich ganz mieses Social Media.

Wie schreibt Ihr zur Zeit immer so schön:

Unser Ziel: das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt zu sein.

Nun ja. So nicht.

[ Disclaimer: Es geht natürlich nicht um die Drei-Euro-Fuffzich. Es geht um das Prinzip. ]

Autor: Ralf Heinrich

...ist Vater von zwei Söhnen und lebt seit der Jahrtausendwende im badischen Bühl. Der studierte Informationswissenschaftler und Werbe- und Marketingfachmann tauchte bereits 2005 in die Welt der Sozialen Medien ein, als XING noch openBC hieß und Facebook noch nicht wichtig zu sein schien. Er "lebt und atmet" Social Media durch XING, Facebook, Twitter & Co. und bloggt selbstverständlich auch. Bis 2014 beriet er zehn Jahre lang Firmen und Menschen im Umgang mit Social Media, gab ihnen Starthilfe, und entwickelte mit seiner Agentur, dem Kreativbüro, Werbe-Ideen und -Konzepte für seine Kunden. Nachdem er dann für rund viereinhalb Jahre das globale Marketing für den Treasury-Spezialisten BELLIN in Ettenheim geleitet hat, führt er aktuell das Marketing-Team des Sicherheits-Systemhauses Securiton an.

13 Kommentare

  1. DIe Rücksendekosten muss man bei Artikel unter 40€ eigentlich immer selbst tragen. Manche Shops übernehmen sie zwar, müssen es aber nicht.
    Ich dachte früher hätte Amazon das immer getan.
    Ich hab das gefühl, dass dort irgendein Kurzsichtiger BWLer ne ganz tolle Idee hatte, wie Amazon viel Geld sparen kann m(

  2. Das ist von amazon völlig korrekt. Schon mal daran gedacht dass dahinter ein Haendler steht der im tollen deutschen Fernabsatzgesetz sowieso keine Rechte hat, es hinnehmen muss dass Kunden die Ware ZERSTOEREN, innerhalb 30 Tagen zuuecksenden und der Haendler auf seinen Kosten und dem defekten Geraet sitzenbleibt? WO soll denn sonst eine Regelung getroffen werden, die 40 Euro Regel ist noch so ziemlich das letzte was bleibt fuer Haendler, der ansonstennaemlich immer der Dumme ist. und 40 Euro ist nun mal die Grenze, sonst bestellt sich der deutsche Kunde irge´ndwannmal noch Sachen fuer Einsfuffzich und will zurueckgeben und wird dann pampig wenn er keine kostenlose Ruecksendemarke bekommt und bewertet negativ.
    Also in diesem Fall voellig korrekt von Amazon.Ihr statement ist so typisch fuer den deutschen Onlinekunden, Hauptsache Service und Kulanz verlangen..

  3. Ich verlange IMMER Service und Kulanz. Und ich würde mir wünschen, dass auch Firmen, die vielleicht im Recht sind, den Sinn dahinter verstehen. Es ist im eigenen Interesse. Und so hätte man – Recht hin oder her – wegen 5 Cent vielleicht auch mal ein Auge zu drücken können.
    Ich fange auch nicht gleich zu weinen an, wenn ich an die Umsätze und Gewinne des armen, kleinen Händlers Amazon denke, sorry. Verständlicher fand ich da schon, dass man die Tiefpreisgarantie abgeschafft hat (http://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=13343731). Das musste wohl auch sein, damit die 40-Euro-Grenzregelung für kostenlose Rückgaben überhaupt richtig wirksam werden konnte.

  4. Meine Antwort darauf: Buy local.
    Der Einzelhändler um die Ecke nimmt einem müßigen Schriftverkehr mit dem Händler/Hersteller ab und man hat oft noch weitergehenden Service.
    Aufgrund der großen Konkurrenz sind die Geschäfte vor Ort auch nicht mehr so teuer wie früher. Also ich kauf nix mehr bei amazon. Bin schon lange durch mit dem Laden.

  5. …schade, der 1. Kommentar ist wohl im Nirvana verschwunden. Social Media funktioniert nur, wenn es user-friendly ist. Zu scharf eingestellte Spamfilters und Co. verhindern eine entspannte Kommunikation. Finde ich.
    Das Wichtigste nochmal in Kurzform: buy local!

  6. „Buy local“ ist auf jeden Fall grundsätzlich vorzuziehen, wo möglich. Da stimme ich zu. Letztlich stützt man damit auch die lokale Wirtschaft, was schon im eigenen Interesse immer zu empfehlen ist. Nur: Das ist hier eigentlich gar nicht das Thema. 😉 Für diejenigen, die Alternativen wie Amazon & Co nutzen müssen (oder eben doch einfach nur wollen), müssen die Nachteile des Online-Kaufs (aus Händlersicht) sinnvollerweise ausgeglichen werden.

    Und keine Sorge: Kein Beitrag verschwindet hier im Nirvana. Er war nur in der Moderationsschlange – wie alle von Erstkommentierern. Daher schreibe ich ja auch direkt hier über dem Kommentierfeld: „Sollte der Kommentar nach dem Abschicken nicht gleich erscheinen, so wurde dieser als vermeintlicher Spam erkannt. Aber keine Sorge: Ich überprüfe regelmäßig und schalte dann ggf. selbst von Hand frei.“ Leider ist das so nötig; Du solltest mal meinen Spam-Order sehen…

  7. Ganz ehrlich, Amazon hat da Recht. Und irgendnen Kundenservice Mitarbeiter deswegen anpöbeln bringt dich da nicht weiter.

    Bei Versandkauf MUSS jemand die Versandkosten tragen. Damit hat Amazon nichts zu tun und es ist schon sehr Kulant, dass sie überhaupt oft gezahlt werden.

    Durch naive Leute wie Dich, die nicht einen Schritt weiter denken und nicht erkennen, dass Kulanz nicht heißt, dass man alles kostenlos hinterhergeschmissen bekommt, entstehen am Ende unternehmen wie Hermes, die um Geld zu sparen zu 100% auf Leih- bzw. Zeitarbeit setzen.

  8. Ich akzeptiere und zahle die Versandkosten gerne, wenn ich die Ware kaufe. Nicht immer kann man aber die wahre Qualität eines Produkts nach Foto und Beschreibung beurteilen, sondern erkennt sie erst, wenn man sie vor sich hat. Wie in einem Geschäft. Diesen Nachteil muss man als Online-Händler ausgleichen und ggf. bei den Preisen berücksichtigen. Sowas nennt sich Mischkalkulation und Risikobewertung. Insofern ist das von Amazon bei Preisen über 40 Euro keineswegs „kulant“. Darunter wäre es das. Vor allem, wenn es nur um 5 Cent geht, die hier kriegsentscheidend sind.

    Im übrigen habe ich die Servicemitarbeiterin nicht wegen der Fakten angeflaumt (da kann sie nichts für – ich war lediglich … sagen wir mal „konsterniert“), sondern weil sie dauernd einer konkreten Antwort ausgewichen ist.

    Den „Schritt weiter denken“ ist genau der Kritikpunkt, den ich Amazon vorwerfe. Und das hat nichts mit Ausbeutung von Mitarbeitern zu tun (was Amazon ja offenbar trotzdem tut, wie kürzlich durch die Medien ging). Das ist im Zweifel schlicht fehlkalkuliert. Warum ist denn im Internet immer alles ach so günstig im Vergleich zu Läden/Fachgeschäften vor Ort? Doch das würde uns jetzt zu weit führen. Und da bin ich wahrscheinlich auch zu naiv für. 🙂

  9. Hallo Ralf,
    die ganze Aufregung verstehe ich ehrlich gesagt, auch nicht. Besonders nicht, weil es ein studierter Informationswissenschafter und Marketingexperte schreibt. Die 40 Euro Klausel ist ja längst bekannt und es muss ja die Grenze irgendwo gezogen werden. Diese Klausel fällt demnächst übrigens weg. Siehe z.B. hier http://www.internetworld.de/Heftarchiv/2012/Ausgabe-22-2012/40-Euro-Klausel-faellt-2014 Dann muss man für alle zurückgesandten Artikel die Rücksendekosten zahlen, egal was die kosten. Was schlägst Du eigentlich vor, dass Amazon wirklich in jedem Fall „individuell nach Kulanz“ entscheidet? Die Mitarbeiterin hat übrigens die Frage völlig korrekt beantwortet, in dem Sie schrieb: „und der Preis des zurückzusendenden Artikels übersteigt 40,00 EUR“. Wenn das nun auch kopierte Bausteine sind, ändert das nichts an der Tatsache dass es so korrekt ist. Bei einigen Kleidungsstücken (Schwimmhose) die ich vor kurzem bestellte, was übrigens so, dass obwohl die weniger als 40 Euro kosteten, doch ein kostenloser Rückversand angeboten wurde. Z.B. hier http://www.amazon.de/Arena-Herren-Badehose-black-27602/dp/B001ECR5EM/ref=sr_1_6?ie=UTF8&qid=1364892361&sr=8-6
    In diesen Fällen sehe ich so, dass das keine Verpflichtung, sondern Kulanz seitens Amazon ist.
    Trotz aller Kritik an Amazon, bleibt der Händler für mich, was Rückgabe betrifft, geschweige den (meistens) super schnellen Versand, auf ganz hohem Niveau.
    Schöne Grüße

  10. Versand und Logistik sind unbestritten auf extrem hohen Niveau, das ist gar keine Frage. Und ich habe immer betont, dass natürlich keine Verpflichtung seitens Amazon besteht, sondern ich es zumindest als Kulanz erwartet hätte. Vor allem eben da es nur um 5 Cent geht.
    Ich habe schon sehr(!) viel bei Amazon gekauft, und mir kam diese 40-Euro-Regelung bislang nie unter. Daher fiel ich auch aus allen Wolken. Wie gesagt: Bei einem so großen Versandhändler wie Amazon erwarte ich einfach den Ausgleich des Online- bzw. Versand-Nachteils. Das machen sogar viele kleine Händler, um gegen Amazon überhaupt ansatzweise anstinken zu können. Daher halte ich die neue Regelung auch für nicht unproblematisch. Und in wie weit sie tatsächlich auch von Händlern in Anspruch genommen wird, bleibt noch abzuwarten. Dem lokalen Offline-Handel könnte es vielleicht ein klein wenig helfen. Und das wäre ja immerhin wieder eine gute Sache.

  11. Das mit den 40Euro ist/war mir bekannt. Nicht bekannt war mir das Amazon für jeden Artikel unter 40Euro Rücksendekosten berechnet, AUCH wenn ein Artikel über 40Euro dabei war und somit das Paket eigentlich bezahlt war.
    Damit hat Amazon einen Kunden weniger, denn das ist IMHO dummfug.

  12. Auch meiner Meinung nach Korrektes Verhalten des Mitarbeiters.
    Service Mitarbeiter setzen fast immer nur das um was von oben angegeben wird.
    Und müssen dann auch oft den Kopf für Suboptimale Entscheidungen hinhalten.
    Dafür jetzt extra einen Beitrag in einem Blog zu eröffnen……
    Ich wünsche dir Gelassenheit und Glück Ralf.

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